Ein Foto von diesem Gottesdienst im Dunkeln kann es natürlich nicht geben.

Sehr ungewohnt

von Redaktion EKASuR

09.05.2025

Kirchentag - das ist die beglückende Chance, völlig neue Erfahrungen zu machen. Davon erzählt Marion Keuchen, Dozentin des Pädagogisch-Theologischen Instituts der Landeskirche.


Alle Handys, Smartwatches und Powerbanks mussten vollständig vor dem Eintritt in die Nikodemuskirche ausgeschaltet werden. Nichts durfte mehr blinken oder leuchten. Das war sehr ungewohnt.

Dann wurden wir in die völlige Dunkelheit des Kirchenraums geführt. Ein unbekannter Mensch hielt uns an der Hand. Völlig ungewohnt.

An einem Seil konnten wir uns festhalten und auf Stühlen Platz nehmen. Wir saßen im Dunkeln und es wurde laut, sehr laut. Weil der Sehsinn der Besucher:innen ausgeschaltet worden war, war das Bedürfnis groß, sich hörbar zu machen.

Dann begann der Gottesdienst der Hildesheimer Blindenmission, des Christlichen Blindendienstes Niedersachsen/Bremen und der Kirchengemeinde Petri-Nikodemus. Die Musik der Jazz-Ballade „Der ganze Fisch war voll Gesang“ von Klaus-Peter Hertzsch erfüllte den völlig dunklen Kirchenraum. Grandios musizierten die inklusive Band mit Michael Kuhlmann (Klavier und Gesang), Hauke Rüter (Trompete), Ole Rüter (Schlagzeug) und Bernd Ulrich Rüter (Gitarre). Die Musik erklang intensiv im völligen Dunkeln. Beim Singen mit der eigenen Stimme wurde der ganze Kirchenraum mit Klang erfüllt.

Der blinde Pastor Andreas Chrzanowski fand treffende Worte, Erfahrungen von blinden Menschen erlebbar zu machen. Viele blinde Menschen verbrächten viel Zeit in ihren Leben mit Suchen von Dingen. So konnten wir selbst ein Bonbon an unseren Stühlen suchen. Ungewohnt.

Einen Gottesdienst im Dunkeln hatte ich noch nie erlebt. Das Ausschalten des Sehsinns machte nachdenklich, lebendig, hörend, tastend und führte in Gespräche mit anderen Menschen.

Danke für die neue Erfahrung allen Beteiligten, die in mühevollen Stunden den Kirchenraum abgeklebt hatten, die Besucher:innen bei ihrem Stolpern in den ungewohnt dunklen Raum begleiteten und den Gottesdienst gestalteten.

Prof. Dr. Marion Keuchen
Pädagogisch-Theologisches Institut (PTI)