Ho Ho Ho, wer ist eigentlich der Weihnachtsmann?
von Anna Neumann
16.12.2020
EIN BEITRAG VON PFARRER ALBI ROEBKE
Der Weihnachtsmann hat einen interessanten Werdegang. Gestartet ist er als Heiliger, nämlich als heiliger Nikolaus. Dieser Bischof aus Myra – das ist in der Nähe des heutigen Antalya in der Türkei – lebte Ende des dritten Jahrhunderts. Während einer Christenverfolgung wird er 310 n. Chr. verhaftet und gefoltert. Er wird als strenger Asket dargestellt – also ganz und gar nicht der dicke nette Weihnachtsmann) – und muss auch recht hemdsärmlig aufgetreten sein.
So soll er einem Widersacher auf einem Konzil – Nikolaus verfasste maßgeblich den Text des uns bekannten apostolischen Glaubensbekenntnisses mit – handgreiflich angegangen sein, was zu einer vorübergehenden Verurteilung seiner Person führte. Nikolaus hatte also eher was von Don Camillo als vom gemütlichen Weihnachtsmann.
Aber immerhin setzt sich hier die Farbe Rot schon mal durch, denn das ist nach der liturgischen Farbenlehre die Farbe eines Bischofs. Zahlreiche Legenden ranken sich um ihn. Im Kern wird klar, dass er sich besonders um die Armen seiner Gemeinde kümmerte.
So soll er einem Vater, der aus Armut seine Kinder verkaufen wollte, nachts Geld vor die Tür hat stellen lassen, so dass dieser seine Kinder nicht verkaufen musste.
Kinder, die von Piraten als Geiseln gefangengehalten wurden, versorgte er mit Lebensmitteln – daher der Sack und die Lebensmittel.
Sein Todestag wird traditionell am 6. Dezember begangen. Also klar der Nikolaus, aber eben nicht der Weihnachtsmann.
Der nächste tiefe Wandel in dieser Geschichte vollzieht sich durch die Reformation. Sie schafft nämlich alle Heiligen ab. Nur Christus steht im Mittelpunkt, daher kommt ab jetzt das „Christkind“ am 24. Dezember. Und sonst niemand. Punkt.
Aus für den Nikolaus.
Aber wie so oft, gelingt das nicht vollständig. Ausgerechnet die streng reformierten Niederländer behalten ihren Nikolaus, was bestimmt daran liegt, dass Nikolaus als Heiliger für die Seeleute zuständig war. Das Volk von Seefahrern hält „ihrem“ Heiligen als die Stange, Reformation hin oder her. Bis heute ist in den Niederlanden der 6. Dezember traditionell das Fest mit Geschenken für die Kinder und dem Beisammensein der Familien.
Aber immer noch kein Weihnachtsmann in Sicht.
Für das nächste Kapitel müssen wir über den Atlantik sehen. Der Niederländer Peter Styvesant wird Bürgermeister eine niederländischen Niederlassung an einem Fluss – dem Hudson – und die Stadt heißt damals New Amsterdam, die natürlich, gut niederländisch, den Nikolaus am 6. Dezember feiert und den 24. Dzember zwar begeht, aber eher als Nebensache.
Die Stadt wächst und wird umbenannt in New York. Und Nicht-Niederländer werden immer mehr. Aber man kennt noch die Figur des Nikolaus von den Gründungsvätern und Müttern der Stadt. Nur feiern die meisten Nicht-Niederländer eben den 24. Dezember als Weihnachten, und die meist protestantischen Zuwanderer kennen den 6. Dezember als heiligen Tag gar nicht mehr.
Und so kommt es zur Vermischung: der rot tragende Bischof, der den Kindern Geschenke bringt, wird als „Santa Klaas“ (noch gut hollländisch) einfach auf den 24. Dezember übertragen. Der Weihnachtsmann ist geboren.
Der Asket wird rundlicher und gemütlicher, auch wenn er den roten Rock, den heiligen Bart und den Sack für die Kinder behält.
Ich finde, wir sollten uns den Weihnachtsmann von der Werbung zurückerobern. Wissen, dass hinter der Werbe-Ikone für zuckerhaltige Getränke ursprünglich ein Bischof aus der heutigen Türkei steckt, der sich sehr radikal für seinen Glauben und für die Armen – auch die außerhalb seiner Gemeinde – engagiert hat. Dem die Kirche viel zu verdanken hat: das Glaubensbekenntnis, das heute alle Christen und Christinnen unabhängig von ihrer Konfession beten.
Wenn wir das nicht vergessen, den Bischof aus der Türkei, den Verfechter des Glaubens, der Verantwortung für die Bedürftigen übernimmt, und zwar das ganze Jahr, dann ist mir die Figur herzlich willkommen. Am 6. Dezember und am 24. Dezember und an jedem Tag im Jahr.
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