Wort der Superintendentin: Ein großes gemeinschaftliches Klagelied
von Anna Neumann
22.09.2021
Unsere Gesellschaft kann nur ein großes gemeinschaftliches Klagelied anstimmen: Der Mord an dem jungen Tankstellenkassierer ist Zeichen höchster Verwirrung: das Durchsetzen meiner Überzeugung – Masken sind doof – wird so absolut gesetzt, dass selbst bislang anerkannte Grundwerte wie die Achtung vor dem Leben eines anderen nicht mehr zählen. Hier hat sich jemand (und hinter ihm viele Gleichgesinnte) komplett von den gemeinsamen Überzeugungen unserer Verfassung verabschiedet. Und auch von unserer biblisch tief verankerten Verabredung: Du sollst nicht töten! Das Klagelied gilt dem jungen Mann und seiner Familie. Aber ebenso muss damit deutlich werden: Wir haben Feinde in den eigenen Reihen. Es kann nicht nur das Ziel sein, dass diese bei den Wahlen am kommenden Sonntag so wenig Stimmen wie möglich erhalten, am besten keine. Das Klagelied muss auch einen Appell beinhalten: Menschen in Kirche und Kunst, politisch Verantwortliche, wirtschaftlich Führende: Bitte zeigt Haltung! Außerdem muss unsere große Gemeinschaft Courage zeigen in vielen Einzelgesprächen, in klarer Konfrontation auch in der Familie oder im Freundeskreis. Denn in das Klagelied gehört die Zeile: So etwas darf sich nicht wiederholen.