Gruppenbild mit den Arbeitsutensilien der Rhein-Sieg-Kreis-Feger: Abteilungsleiter Fabian Fey und Ulrike Schneider vom Rhein-Sieg-Kreis (außen), Jürgen Graff und Philip Salgert von der Suchthilfe (2. und 3. v.l.) sowie Projektteilnehmerin Ayse.

Rhein-Sieg-Kreis-Feger – „Man kommt sich wieder gebraucht vor“

von Anna Neumann

13.04.2022

Es sieht schlicht nach Arbeit aus in diesem Keller: Werkzeuge, Kehrbesen, der Besprechungstisch und die Spinde. Hier haben sie ihre Arbeitsschuhe deponiert.


Werktag für Werktag ist der Raum der Troisdorfer Suchthilfe der Diakonie An Sieg und Rhein der Treffpunkt für die so genannten „Rhein-Sieg-Kreis-Feger“. Bis zu zehn Menschen mit Suchterkrankung finden in diesem Projekt eine Tagesstruktur. So heißt das jedenfalls in der Projektsprache.

Gut gelaunt schneit eine Teilnehmerin herein, sie heißt Ayse, in der Hand hat sie noch den Thriller, den sie zurzeit liest. „Man kommt sich wieder gebraucht vor.“ Sie stehe morgens auf, „es ist wie arbeiten gehen“. Und das gefällt ihr.

Sie und die anderen Klient*innen greifen zum Besen, fegen, beseitigen Drogenkonsum-Utensilien. Das von der Suchthilfe organisierte Projekt finanziert der Rhein-Sieg-Kreis.

Sinnvolle Aufgabe

Es ist ein Arbeitsprojekt. Die Klient*innen arbeiten montags bis freitags. Die Arbeitstage sind gerahmt von einem gemeinsamen Frühstück und einem gemeinsamen Mittagessen. Die Orte, an denen die „Rhein-Sieg-Kreis-Feger“ unterwegs sind, werden mit der Stadt abgesprochen.

Von dem Projekt profitieren gleich mehrere: Das Erscheinungsbild der Innenstadt wird aufgewertet und die suchtkranken Menschen erhalten eine sinnvolle Aufgabe, die sie auch bewältigen können. Die Klient*innen erhalten 1 Euro je geleistete Arbeitsstunde.

Sozialarbeiter Philip Salgert leitet das Projekt. Er unterstützt auch bei individuellen Fragen, etwa zur Arbeitssuche, Wohnungssuche oder bei Anträgen auf Sozialleistungen.

Niedrigschwellig angelegt

Grundlage des Projekts ist der Beschluss des Ausschusses für Soziales, Gleichstellung und Integration des Rhein-Sieg-Kreises aus dem Jahre 2018, ein niedrigschwelliges Arbeitsmarktprojekt für Menschen aufzulegen, die wegen fehlender Erwerbsfähigkeit von Arbeitsagentur und Jobcenter nicht erreicht werden.

Markenkern der Feger-Projekte, die es in den Städten Essen, Köln und Bonn bereits gibt, ist der Gedanke, Suchtkranken, die sich in der offenen Szene bewegen, ein niedrigschwelliges Angebot zur Tagesstrukturierung durch Arbeit zu machen.

Finanzierung durch den Kreis

Das Projekt litt in den Jahren 2020 und 2021 unter den Beschränkungen infolge der Corona-Pandemie. Während der Lockdown-Phasen war die Arbeit in der Gruppe nicht möglich. Aber der Kontakt wurde gehalten. Seit Januar 2022 sind die Rhein-Sieg-Kreis-Feger wieder im Einsatz.

Für das Arbeitsmarktprojekt stehen Mittel in Höhe von bis zu 100.000 Euro jährlich zur Verfügung, berichtet Fabian Fey, Leiter der Abteilung Rechtsangelegenheiten, Fachaufsicht SGB XII, Krankenhilfe und Spezialaufgaben im Sozialamt des Rhein-Sieg-Kreises. So werden die Personalkosten der Sozialarbeiterstelle, Miete der Räumlichkeiten, Arbeitsausrüstung, Lebensmittel und die kleine Aufwandsentschädigung für die Teilnehmenden finanziert. Feger-Projekte sind eine echte „Erfolgsgeschichte“, so Ulrike Schneider, Diplom-Verwaltungswirtin im Kreissozialamt.

Tagesstruktur hilft

Jürgen Graff, der Leiter der Suchthilfe der Diakonie An Sieg und Rhein, erläutert, dass „Tagesstruktur“ für Schwerstabhängige immer ein Thema ist Und dann „tat sich dieses Tor auf“.

Das Projekt Rhein-Sieg-Kreis-Feger gliedert sich ein in vielfältige niedrigschwellige Angebote der Suchthilfe. Klient*innen finden ja in der Troisdorfer Suchthilfe u.a. Krankenpflege, können etwas essen, einfach mal duschen.

Selbstwertgefühl steigern

Für Jürgen Graff ist klar: Klient*innen möchten auch etwas zurückgeben. Und: Das Projekt stärkt den Selbstwert. Auch Sozialarbeiter Philip Salgert beobachtet, wie das Projekt Fähigkeiten aktiviert bzw. reaktiviert.

Ohne das Projekt würde sie an manchen Tagen rein gar nichts machen, gesteht Ayse, die zurzeit krankgeschrieben ist, zuvor arbeitete sie bei einem Handelshof. Jetzt mache sie diese Stunden, „und danach geht man nach Hause“. Am Ende der Woche freue sie sich auf das Wochenende und sie wisse auch wieder, wenn Feiertage kommen. „Für mich ist das schön.“

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Projekt-Website