Diskussion einer Kleingruppe im Laufe der Kreissynode. Foto: Anna Neumann

Kreissynode 
- Startschuss für treibhausgasneutrale Gebäudeumwandlung, Anstoß für Seelsorge-Qualifikation von Ehrenamtlichen

von Anna Neumann

04.06.2023

Der Evangelische Kirchenkreis An Sieg und Rhein mit seinen 28 Gemeinden konkretisiert seine Pläne, seine Kirchen und anderen kirchlichen Gebäude treibhausgasneutral umzugestalten.


Darauf hat sich die Kreissynode bei ihrer Tagung am Samstag in Sankt Augustin verständigt. Dem Ziel dient die Gebäudebedarfsplanung, die jetzt zunächst erfolgt. Sie beginnt nach den Sommerferien – zunächst mit zwei Pilot-Gemeinden. Später werden die 26 weiteren Gemeinden hinzugenommen. Ob bzw. welche Liegenschaften in Zukunft nicht mehr weiter betrieben werden, wird das Ergebnis dieser Phase sein. Danach erfolgt die energetische „Ertüchtigung“ der verbleibenden Gebäude.

Warum sich die evangelische Kirche dieser Aufgabe unterzieht, wurde im Eröffnungsgottesdienst der Kreissynode plastisch. Ebba-Christina Kompa, Pfarrerin in Bonn-Beuel, sprach in ihrem Predigtimpuls von einem der letzten Wildnisgebiete Europas, dem schwedischen UNESCO-Welterbe Laponia, „eine raue karge Landschaft“, in der es keine Wanderwege gibt und man deshalb nur mit Karte und Kompass weiter kommt, in der es „das Sumpfgras mit seinen weißen Puscheln“, Rentierherden, Schneehühner, die Sami und ihre heiligen Orte gibt. Dort zu sein gebe ihr „tiefe Verbundenheit mit Lebewesen“. Die Erderwärmung bedroht diesen Lebensraum. Warum sich für Klimaneutralität einsetzen? „Für mich ist es die Schönheit dieser Welt“, erklärte die Theologin.

Ähnlich Pfarrerin Sophia Döllscher aus Bonn-Oberkassel, die die steigende CO2-Konzentration kontrastierte mit dem heimischen Blick auf den alten Steinbruch, wo Kraniche ihre Kreise ziehen.  „Gott beschenkt uns mit dieser phantastischen Natur.“ Im dritten Predigtimpuls mahnte Pfarrerin Dr. Anne Kathrin Quaas: „Einmal wird uns die Rechnung präsentiert.“ Sichtbar in schmelzenden Gletschern, der Flut im Ahrtal, den ausgetrockneten Äckern und Seen – das sind ihre Beispiele für die ausgebeutete Schöpfung. Die Theologin warb für das, was ja auch die Kolleginnen beschworen haben: die Schöpfung zu bestaunen. Dabei gelte es, die Schöpfung groß werden zu lassen „und für uns die richtige Größe zu entwickeln“. Die Rolle der Menschen schrumpft dann: von Herrschenden über die Natur auf Mitgeschöpfe und„staunende Dienende“. Mit anderen Worten: Pfarrerin Quaas plädierte dafür, die gewohnte anthropozentrische Haltung aufzugeben und den Weg der Umkehr zu gehen.

Ähnlich Pfarrer Christoph Eidmann aus Niederkassel: Er setzte sich für ein „deutliches Umdenken“ ein – in der Podiumsdiskussion mit dem Titel „Klima: Zwischen Wandel, Katastrophe und Anpassung“. Eidmann berichtete dort über das Zertifikat „Grüner Hahn“, das seine Gemeinde erworben hat. Dies war „ein guter Schritt, aber auch ein anstrengender, sehr aufwändiger“, so Eidmann.

Der Klimawandel lasse sich nicht mehr stoppen, aber immerhin noch begrenzen, erklärte zu Beginn der Podiumsdiskussion Dr. Jens Mutke vom Nees-Institut für Biodiversität in Bonn. Da helfen erneuerbare Energien, betonte Thomas Schmitz, Vorstandsvorsitzender der BürgerEnergie Rhein-Sieg eG. Es gelte schnell die Versäumnisse der Vergangenheit aufzuholen. „Wir geben im Moment richtig Gas“, so Schmitz. Die BürgerEnergie unterstützt u.a. die evangelische Kirche in der Region beim Aufsetzen von Photovoltaikanlagen. Schmitz ist sich sicher, dass die Menschen das Thema wirklich angehen möchten. Das gibt seiner Genossenschaft Auftrieb – so überlege sie derzeit, eine Solarfabrik in Bürgerhand zu gründen.

Siegburgs Klimaschutzmanagerin Julia Oberdörster skizzierte weitere ganz praktische Maßnahmen, die Kirchengemeinden umsetzen können. Allein im Bereich Verkehr: den Gemeindebus in ungenutzten Zeiten verleihen, also Carsharing ermöglichen. Oder auch eine Fahrrad-Verleihstation vor dem Kirchenportal eröffnen. Michael Marx von der Hennefer FDP-Stadtratsfraktion warb für Anreizsysteme statt Verbote auf dem Weg des Klimaschutzes und mahnte, dass Menschen ein verschiedenes Tempo beim Handeln brauchen, aber doch die allermeisten vernünftig genug seien, etwas zu unternehmen.

Basisschulung Seelsorge kommt

Der Evangelische Kirchenkreis An Sieg und Rhein startet ein Schulungsangebot „Qualifikation Ehrenamtlicher in der Seelsorge“. Auch das hat die Kreissynode bei ihrer Tagung in der Aula der Steyler Mission entschieden. Beschlossen wurde eine Basisschulung im Umfang von 50 Stunden. Sie läuft abends und am Wochenende. Von Beginn an wird der Unterricht von Praxiseinsätzen flankiert und in Supervisionen begleitet. Gemeinde- und Jugendarbeit, Besuchsdienst, Krankenhaus – das sind die Einsatzfelder. Los gehts zum neuen Jahr. „Das brauchen wir. Ich freue mich darauf“, kommentierte Pfarrer Richard Landesberg aus Holzlar in der Aussprache vor der Abstimmung.

Die Idee der Qualifikation geht zurück auf die Entwicklung und Umsetzung der neuen Konzeption des Kirchenkreises. Und darauf gründet auch der Bericht der AG Kasualkultur, den die Kreissynode erhielt. Taufe und Konfirmation, Trauung und Bestattung sollen den Menschen neu nahegebracht werden. Außerdem möchte die Gruppe neue Ideen initiieren, etwa stimmungsvolle Angebote für Liebende am Valentinstag oder Segensfeiern für Schwangere.

Beschlossen hat die Kreissynode außerdem, eine Entlastungsstelle einzurichten. Sie dient dazu, die theologischen Mitglieder im Kreissynodalvorstand zu unterstützen, denen ja Gemeindezeit dadurch fehlt, dass sie Aufgaben im Kirchenkreis übernehmen. Ermöglicht wird nun also – um aus dem Beschluss zu zitieren – „eine verlässliche Vertretungssituation“.

In Gang gesetzt wurde auf der Kreissynode darüber hinaus eine Debatte, ob das Superintendent*in-Amt in Zukunft anders als bisher organisiert werden soll. In kirchlichen Begriffen formuliert: Die Amtsinhaberin hat bisher eine „Entlastung“ für ihre Gemeindeaufgaben. Soll die Position stattdessen in ein Hauptamt umgewandelt werden? Wer gewählt wird, scheidet dann aus dem Dienst in der Gemeinde aus, statt dort vertreten zu werden. Kirchenrechtlich sind beide Konstruktionen möglich. Die Entscheidung soll im Herbst getroffen werden.

Die Kreissynode hat Nachwahlen vorgenommen. So gehört nun der Niederkasseler Gemeindepfarrer Jens Römmer-Collmann dem Kreissynodalvorstand an – der kirchliche Titel lautet 2. stellvertretender Scriba. Ebenfalls aus Niederkassel kommt Pfarrerin Dr. Katharina Stork-Denker – sie wurde zum stellvertretenden Mitglied der Landessynode gewählt.

Außerdem hat die Kreissynode sich eine neue Geschäftsordnung gegeben. Darin sind u.a. digitale Entwicklungen nachvollzogen, etwa die Einladung zur Kreissynode per E-Mail oder die Bereitstellung der Synodenunterlagen in einer Cloud.

Zu den Gästen der Kreissynode zählte u.a. die Gruppe von Bibelfrauen aus Indonesien, die zurzeit in ihrer Partnergemeinde, der Evangelischen Kirchengemeinde Niederkassel, zu Besuch ist. Sie kommen aus der größten evangelischen Kirche in Asien, der Huria Kristen Batak Protestan (HKBP).