Auf dem Bildschirm sind Mitglieder der Kreissynode zu sehen.
Auf dem Bildschirm sind Mitglieder der Kreissynode zu sehen - ein Ausschnitt der Synode als Videokonferenz.

Kreissynode – Kooperation fortgeschrieben, Budget 2021 festgelegt, Vorstandsmitglieder wiedergewählt

von Anna Neumann

08.11.2020

Die 33 evangelischen Kirchengemeinden an Sieg und Rhein werden auch in Zukunft in sogenannten Kooperationsräumen eng verbunden zusammenarbeiten.


Insbesondere bei Pfarrstellenbesetzungen wollen sie abgestimmt agieren. Das haben sie in zwei Beschlüssen so für die kommenden zehn Jahre für die Gemeinschaft der evangelischen Gemeinden der Region festgelegt. Entsprechende Beschlüsse über Kooperationsräume und den Pfarrstellenrahmenplan bis 2030 hat die Kreissynode am Samstag gefasst.

Die Synode, das oberste Entscheidungsgremium des Evangelischen Kirchenkreises An Sieg und Rhein, hat außerdem die Haushaltspläne für das kommende Jahr 2021 angenommen. Schließlich hat sie ihren stellvertretenden Superintendenten Pfarrer Carsten Schleef sowie weitere Mitglieder des Kreissynodalvorstandes bei turnusgemäßen Wahlen bestätigt. Die Kreissynode, geleitet von Superintendentin Almut van Niekerk, tagte erstmals in ihrer Geschichte aufgrund der Corona-Pandemie in Form einer Videokonferenz.

Wahlen

Mit überwältigender Mehrheit wählten die Delegierten aus Kirchengemeinden, kirchlichen Einrichtungen und kreiskirchlichen Pfarrstellen Carsten Schleef (59) wieder. Seit 2017 ist er Assessor, wie der kirchliche Titel für dieses Amt lautet, es ist quasi ein Ehrenamt neben dem Pfarrdienst. Schleef erhielt 114 von 125 Stimmen. „Mir macht Leitung in diesem Team Freude“, hatte der Seelscheider Gemeindepfarrer in seiner Vorstellungsrede gesagt. Die gravierenden Veränderungsprozesse im Kirchenkreis wolle er gern mitgestalten, erklärte Schleef, der auch den Lenkungsausschuss für die Neukonzeption des Kirchenkreises leitet. Zur aktuellen Pandemie sagte der Theologe: Corona habe die Kirche im Mark getroffen, insbesondere „die Abstinenz am Tisch des Herrn“, der Verzicht auf die Feier des Abendmahls.

Den alle vier Jahre zur Hälfte zur Wahl stehenden Kreissynodalvorstand, der in Mehrheit nichttheologisch zu besetzen ist, komplettierte die Kreissynode außerdem mit Dr. Mark von Campenhausen aus Sieglar, Doris Hochschild aus Wahlscheid und Peter Waidelich aus Hennef. In die Stellvertretungen wurden gewählt: Pfarrer Dr. Stefan Heinemann aus Hennef und der Aegidienberger Gemeindepfarrer Stefan Berger sowie Manfred Kusserow aus Beuel, Dr. Judith Pschibille aus Herchen und Bertold Durst aus Bad Honnef.

Finanzen

Mit einem Budgetumfang von rund 6,4 Millionen Euro plant der Evangelische Kirchenkreis An Sieg und Rhein seine Dienste im kommenden Jahr 2021. Hinzu kommen die Haushalte 2021 der Diakonie An Sieg und Rhein und des Referats für die Kindertagesstätten mit jeweils rund 5,5 Millionen Euro. Die Haushaltsplanung für das Evangelische Jugendwerk Sieg Rhein Bonn umfasst rund 1,5 Millionen Euro. Bei der Diakonie ist eine größere Investition für Digitalisierung und Innovation enthalten, 114.000 Euro im neuen Jahr, wie der Vorsitzende des Finanzausschusses, Dr. Dietmar Flösch, in seinem Bericht an die Kreissynode erläuterte.

Flösch unterrichtete die Kreissynodalen auch über die Finanzentwicklung im laufenden, von der Corona-Pandemie beeinflussten Jahr. Er rechne derzeit mit einem Rückgang der Kirchensteuereinnahmen um rund zehn Prozent. Im kommenden Jahr bringt ihm zufolge ein einschneidender Rückgang der Versorgungssicherungs- und Beihilfeumlage Entlastung für den Haushalt des Kirchenkreises. Neben den Haushaltsbeschlüssen verlängerte die Kreissynode die Umlage für den Kirchenkreis in Höhe von 22,06 Prozent. Zur Erinnerung: Die evangelischen Kirchensteuern gehen bei den Kirchengemeinden ein – über die prozentuale Umlage finanzieren sie die kreiskirchlichen Aufgaben.

Kooperationsräume und Pfarrstellenrahmenplan

Die zurzeit 33 evangelischen Kirchengemeinden werden auch in den nächsten Jahren in neun Kooperationsräumen zusammenarbeiten, beschloss die Kreissynode. Zwei Gemeinden wechseln: Ruppichteroth zu Hennef und Uckerath, Oberkassel zu Aegidienberg, Bad Honnef, Königswinter, Oberpleis und Stieldorf-Heisterbacherrott. Pfarrer Peter Gottke vom Kreissynodalvorstand erinnerte den Sinn dahinter: „Die Aufgaben und Probleme der Gemeinden sind kaum mehr alleine zu lösen.“

In der Aussprache vor dem dann mit großer Mehrheit gefassten Beschluss wurden auch Gegenargumente deutlich – es handle sich um eine „Zerschneidung in starre Räume“, kritisierte ein Pfarrer. Die Räume verhinderten nicht zusätzliche Zusammenarbeit, erwiderte Gottke. Sie setzten in Gang, „dass Gemeinden sich auf den Weg machen“.

Der neue Pfarrstellenrahmenplan, wie er mehrheitlich beschlossen wurde, bewirkt einen Paradigmenwechsel, erklärte Pfarrer Gottke, der Scriba des Kirchenkreises ist. Angesichts demographisch sinkender Mitgliederzahlen, sinkender finanzieller Ressourcen und gleichzeitig wachsendem Pfarrkandidat*innen-Mangel müsse die Zahl der Pfarrstellen deutlich zurückgehen: von heute rund 50 vollzeitlichen Stellen auf 34 in zehn Jahren.

Zur Erinnerung: Die Pfarrwahl ist genuines Recht einer evangelischen Kirchengemeinde. Damit nicht jede Gemeinde für sich Stellen schrumpfen muss – besonders in Gemeinden mit Einzelpfarrstellen nicht sinnvoll umsetzbar -, sieht der Plan ein abgestimmtes Reduzieren vor, solidarisch berechnet für die Kooperationsräume, orientiert an den Gemeinde-Mitgliederzahlen. Im Schnitt kommen auf eine Vollzeitstelle rund 2.800 Gemeindeglieder.

Der Pfarrstellenrahmenplan 2030 hat die Form einer Zahlentabelle. Daraus ergibt sich dieses Beispiel: Die fünf Gemeinden Birk, Honrath, Lohmar, Overath und Wahlscheid kommen von heute zusammen sechs Pfarrstellen auf vier im Jahr 2030. Zweites Beispiel: Die drei Gemeinden Beuel, Bonn-Holzlar und Niederkassel, zurzeit bei acht Vollzeit-Pfarrstellen, sollen bei rechnerisch 5,75 Stellen landen.

Wann immer eine Stelle frei wird, sei es aus Altersgründen, sei es aufgrund eines Stellenwechsels, werde also auf Basis des Rahmenplans sowohl die Situation der Gemeinde als auch im Kooperationsraum in den Blick genommen, erläuterte Gottke in der Aussprache vor der Abstimmung.

Bericht des Kreissynodalvorstandes

Sinkende Mitgliederzahlen, Einnahmen und gesellschaftliche Bedeutung: „Wir müssen reden“ – betonte Superintendentin Almut van Niekerk in ihrem Part des Berichts des Kreissynodalvorstandes. Sie berichtete von einem Mitgliederrückgang um 7 Prozent in den zurückliegenden fünf Jahren im Kirchenkreis, dem drittgrößten der Evangelischen Kirche im Rheinland, insbesondere beklagte sie die Austrittszahlen. Superintendentin van Niekerk: „Wir werden nur gemeinsam Lösungen und Wege finden, die Menschen dazu bewegen, auch weiterhin bewusst und fröhlich ,Ja’ zu ihrer Kirche zu sagen.“

Ein Plädoyer für systematische Entwicklungsarbeit hielt Dr. Judith Pschibille. Sie warb für Erfahrungen im Schulsystem, wie sie es als Direktorin des Bodelschwingh-Gymnasiums Herchen kennt. Sie nannte Entwicklungs-Instrumente wie Qualitätsanalyse inklusive Reflektionsgespräche, Teamarbeit und Fortbildungen. Innovationen bzw. gute Dinge ausbauen – das sollte auch in Kirche bzw. Kirchengemeinden gelingen. Als gute Investition lobte sie die so genannten Erprobungsräume. Denn: „Die Kirche für die Menschen in der heutigen Zeit ist wichtiger denn je.“

In den meisten Gemeinden werde mit Schrecken auf die sinkenden Zahlen bei Mitgliedern, Finanzen und Pfarrer*innen geschaut, erklärte in einem weiteren von vier Berichtsteilen Pfarrer Gottke. Ungemütlicher Zusatz: Vielerorts sei man davon aber „so gebannt, dass man sich nicht mehr bewegt“ oder glaube, „mit Mauern um sich herum das Bestehende noch lange bewahren“ zu können. Manchmal frage er sich, „haben die Menschen den Knall noch nicht gehört?“. Dagegen gelte es gemeinsam auf die drängenden Probleme zu antworten. Sein konkretes Beispiel ist die gemeinsame, kreiskirchliche Trägerschaft von gemeindlichen Kitas – ein Thema, das in der späteren Aussprache eine frühere kritische Diskussion wiederbelebte.

Chancen und Grenzen der Digitalisierung gerade jetzt in der Corona-Pandemie sprach Dr. Mark von Campenhausen an. Die Gemeinden stellten ihre Angebote schnell und flexibel um. „Das hat mir gefallen und macht mir Mut für die Zukunft.“

Kollekten im neuen Kirchenjahr

Wenn in den Gottesdiensten Kollekten für gute Zwecke gesammelt werden, dann basiert ihre Verteilung auf einem Jahresplan, bei dem verschiedene Ebenen Kollektenzwecke bestimmen. Für drei (Sonn-) Tage im Jahre liegt die Entscheidung bei den Kreissynoden. Und so fasste die Kreissynode An Sieg und Rhein folgende Kollektenempfehlungen: 27. Dezember: Heilsames Singen, ein inklusives Mitsing-Angebot für Patient*innen, Angehörige und Mitarbeiter*innen der Evangelischen Klinikseelsorge in der Heliosklinik in Siegburg; 28. Februar: Sozialfonds des Evangelischen Jugendwerks Sieg Rhein Bonn, vergeben werden Einzelfall-Nothilfen für junge Menschen, sowie 20. Juni: Kinder und Familien in sozialen Nöten, unbürokratische Hilfen gegen Armut und Ausgrenzung durch die Diakonie An Sieg und Rhein.

Andacht

„Hinaus in die Weite“ – den Titel der „11 Leitsätze für eine aufgeschlossene Kirche“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) griff Helmut Müller in der Andacht zu Beginn der Kreissynode auf. Der Pfarrer für weltweite Ökumene rief dazu auf, Neues zu entdecken und den Aufbruch ins Ungewisse zu wagen, auch wenn sich womöglich nicht jede Veränderung als tragfähig erweise. Müller: „Was trägt: Gott ist mit uns unterwegs.“ Der zuvor in der Troisdorfer Johanneskirche aufgezeichnete Gottesdienst wurde als Video in die Synode eingespielt. Die musikalische Leitung übernahmen Kreiskantorin Kirchenmusikdirektorin Brigitte Rauscher und ein Vokalensemble. Die Kollekte per Überweisung geht an das Friedensdorf Oberhausen für verletzte und kranke Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten.

Format Videokonferenz

„Ich fand das Format sehr gut“, „tolle Vorbereitung, tolle Organisation“, „prima hingekriegt“ – im Chat, also im Textnachrichtenteil der mit „Zoom“ durchgeführten Kreissynode, hinterließen zahlreiche Delegierte zum Schluss positive Rückmeldungen. Mitglieder des Kreissynodalvorstandes, erleichtert über den pannenfreien Ablauf dieser Premiere, zeigten sich begeistert über die ausführlichen synodalen Diskussionen, auch mit sehr kritischen Äußerungen – „intensiver als bei Präsenz-Synoden“.

 

Links

Zum Andachts-Video und zu Informationen über eine Kreissynode