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Die Enkelin berichtet von Häftling „99998“
von Anna Neumann
15.11.2024
Am 9. November 1938 wurden landesweit Synagogen in Brand gesetzt, jüdisch geführte Geschäfte verwüstet und geplündert, Jüdinnen und Juden misshandelt.
Die Geschichte von Willi Moritz Kessler, die vor rund 170 Schülerinnen und Schülern von seiner Enkelin, Melissa Quint, erzählt wurde, handelt vom Überleben und der Erinnerung an die Verbrechen des Holocaust. Melissa Quint rekonstruierte das Leben ihres Großvaters von seiner Kindheit über die Deportation und die Zeit im Lager bis hin zum Todesmarsch und seiner Befreiung am 11. April 1945 in Buchenwald.
Sie berichtete, dass ihr Großvater am 18. Oktober 1925 in Berlin geboren wurde. Seine Familie war jüdisch, lebte aber nicht religiös. Trotzdem wurden alle Familienmitglieder während der Zeit des Nationalsozialismus inhaftiert. Willi Kessler war Häftling 99998 in Auschwitz.
Ausstellung ergänzt den Vortrag
Eingeladen zu dem Vortrag hatten Schulpfarrerin Eva Zoske-Dernóczi und die von ihr geleitete Courage-AG des Berufskollegs. Parallel zum Vortrag war eine Ausstellung mit dem Titel „Du Jude“ in der Aula zu sehen, die vom alltäglichen Antisemitismus in Deutschland handelt. Mit der Ausstellung, die einen tiefen Einblick in die verschiedenen Facetten des Antisemitismus gibt, will die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit einen Beitrag zur Bildungsarbeit leisten.
Die Courage-AG des Carl-Reuther-Berufskollegs hat auch die aktuellen Ereignisse im Nah-Ost-Konflikt im Blick behalten. Zwei Klassen rahmen die Ausstellung durch selbst erstellte Plakate, damit deutlich wird, dass wir uns gegen jede Form der Diskriminierung stark machen, auch antimuslimische Diskriminierungen, und uns wichtig ist, dass muslimische und jüdische Schüler sich mit Respekt begegnen.
Willi Moritz Kessler überlebte als Einziger seiner Familie die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald. Getrieben von dem Gedanken „Einer muss überleben“ gelang es ihm diese Hölle zu überleben, auch wenn er seine gesamte Familie verlor. Er starb im Jahr 1993 an den Nachwirkungen des Konzentrationslagers und aufgrund eines Schlaganfalls, kurz bevor seine Enkelin Melissa geboren wurde.
Persönlicher Einblick
Bei den Schüler*innen kam der Vortrag sehr gut an. Samiyah, 19 Jahre, sagte: „Der Vortrag war sehr spannend und emotional. Es ist wichtig mehr über die NS-Zeit zu wissen und einen persönlichen Einblick in das Leiden der jüdischen Bevölkerung zu bekommen.“
Am Ende ihres Vortrags zeigte Melissa Quint noch eine Collage ihres Großvaters und las ein Gedicht vor, das er nach seinem Schlaganfall geschrieben hatte. Alia, 19 Jahre alt, sagte dazu: „Ich fand es sehr gut, dass die Referentin über ihren Großvater so ehrlich berichtet hat. Die originalen Aussagen und Collagen des Großvaters zu hören und zu sehen war sehr beeindruckend.“
Luca, 17 Jahre,: „Mich hat das echt berührt. Ich finde es wichtig, dass solche persönlichen Geschichten weitergegeben werden.“ Fabio, 21 Jahre: : „Es war krass zu hören, wie es wirklich war. Man kennt Berichte über diese Zeit meist nur aus Büchern. Aber live von einer konkreten Person zu erfahren, wie es ihr ergangen ist, war sehr spannend und aufrüttelnd.“
Josie Fischer