Beueler Ausstellung „Würde macht menschlich“ – Würde geht niemals verloren

von Anna Neumann

16.09.2022

„Würde macht menschlich“ heißt die Ausstellung von Königsskulpturen von Ralf Knoblauch in der Versöhnungskirche in Bonn-Beuel. Die hölzernen Figuren regen an zum Nachdenken.


Über Würde und ihre Verletzung, über die Gottesebenbildlichkeit des Menschen, über Ohnmacht und Schutz. Die Figuren tragen wie Botschafter*innen das Thema Würde in die Welt. Viele Menschen in der Bonner Region sind ihnen schon begegnet. Verbreitet haben sich die Skulpturen bereits weit darüber hinaus. „Sie machen Mut“, sagt Pfarrerin Dr. Heike Lipski-Melchior, der die Ausstellung ein „Herzensanliegen“ ist. Zusätzlich zu den Skulpturen sind Porträtfotos von Menschen aus verschiedenen Ländern mit einem König in der Hand zu sehen.

 

Allen Figuren ist gemeinsam, erklärt Pfarrerin Lipski-Melchior, dass sie ein weißes Festkleid oder Festhemd tragen, „was man auch mit dem Taufkleid in Verbindung bringen kann“.

Und weiter sagt die Theologin: „Sie strahlen damit Würde auch äußerlich aus. Alle haben die Augen zu und lächeln. Es gibt sie in dick und dünn, groß und klein, mal offensichtlich verletzt, mal stark und Selbstbewusstsein ausstrahlend. Es gibt sie mit Krone auf dem Kopf und mit Krone neben sich abgelegt, oder Krone in der Hand. Oder mit einer Krone ohne Zacken.“

 

Zum Begleitprogramm der Ausstellung gehört u.a. ein Vortrag und Gespräch mit Andrea von Schmude vom Beueler Hospizverein über „Würde und Selbstbestimmung bis zum Schluss“. Sie sagt: „Hospizarbeit ist aus dem Würde-Gedanken entstanden.“ Ziel sei es, unter anderem Würde und Selbstbestimmung bis zum Lebensende zu stärken.

Andrea von Schmude sagt: „Diese Königsfiguren sind ein tolles Medium, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen über das, was sie als würdevoll empfinden und was ihnen wichtig ist im Leben. Würde ist nicht Eins. Für manche Menschen ist es unwürdig, hilfsbedürftig zu sein. Für andere ist es ein natürlicher Prozess, am Ende des Lebens schwach zu sein. Würde ist immer wieder neu ein Ringen, Orientieren und Neu-Ausrichten. Andrea von Schmude zitiert die entsprechende Frage in der Bibel: „Was willst du, dass ich dir tue?“

Heike Lipski-Melchior verortet den Satz: „Das ist aus der Blindenheilung: Jesus handelt nicht sofort, sondern er fragt erst einmal. Das ist die Jesus-Frage. Wenn wir diese Frage stellen, sind wir in der Nachfolge Jesus unterwegs.

Und weiter bezieht Heike Lipski-Melchior Gedanken auf die Holzfigur: „Dieser König, der einen Arm hat, drückt das besonders aus. Er ist offensichtlich verletzt und hat doch Würde. Seine Krone hat keine Zacken. Würde ist unantastbar. Sie kann verletzt werden, aber nicht verloren gehen.“

 

Um es klarzustellen: Die Figuren sind Menschen. Die Menschen sind Könige bzw. Königinnen. Pfarrerin Lipski-Melchior: „Das sieht man bei den Porträtfotos aus aller Welt.“ Da ist zum Beispiel das Porträt eines Kindes im Flüchtlingslager Moria in Griechenland. Es ist mit einer Königin in der Hand zu sehen.

 

Ein weiteres Schwarz-Weiß-Foto zeigt zwei Transgender in Südamerika. Für Heike Lipski-Melchior spiegeln die Fotos „Menschen, die sich ihrer eigenen Würde vielleicht gar nicht mehr sicher sind oder bemerken, dass sie im Alltag nicht würdevoll behandelt werden oder ihre Würde verletzt ist. Sie sollen Mut dadurch bekommen. Denn egal, wie es ihnen geht: Sie behalten ihre Würde!“

 

Ralf Knoblauch, der die Königsfiguren erschafft und außerdem in Bonn als Diakon arbeitet, sagt: „Mir ist die Gleichwürdigkeit aller Menschen eine Herzensangelegenheit. Also dass alle Menschen, egal wie es ihnen geht, die gleiche Würde haben.“

 

Pfarrerin Dr. Heike Lipski-Melchior bringt ihre Gedanken in folgende Worte:„Königlich ist meine Würde und deine Würde. Für uns beide will Gott das Leben. Würdenträger und Würdenträgerinnen sind wir – alt, jung, Frau, Mann, divers, schwarz, weiß, bunt, stark und schwach, verletzt und heil. Tragen wir unser Leben doch mit Würde! Achten und bewahren wir sie, meine und deine, denn Würde macht menschlich.“

 

Die Menschenwürde steht im Grundgesetz. In der Bibel ist gleich zu Beginn, in der Schöpfungsgeschichte, von der Ebenbildlichkeit des Menschen die Rede. Der Mensch als Gottes Geschöpf und sein Ebenbild. Die Krone, sagt Pfarrerin Lipski-Melchior, zeigt den Würdenträger und die Würdenträgerin und dass die Würde uns Menschen von Gott zugesprochen ist.

 

Die Ausstellung, bei der die Gäste die Möglichkeit haben, auch eigene Gedanken zum Thema Würde einzubringen – notieren auf Post-its, aufschreiben im Gästebuch – darf gut und gerne in zwei Richtungen zum Nachdenken anregen, hofft die Gemeindepfarrerin. „Einmal, dass wir auch selbst darum ringen, wie wir mit anderen Menschen würdevoll umgehen. Im Alltag passiert es uns, dass wir in Gedanken sind, dass wir keine Zeit haben, dass wir andere Sorgen und Probleme haben, dass wir mit jemandem nicht würdevoll umgehen.“

Die Menschen auf den Fotos erinnern darüber hinaus an Krieg, Gewalt, Flucht, Rassismus. Diese Menschen haben die gleiche Würde wie ich. Was ist zu tun auf dieser Welt? Wie kann ich für die Würde anderer sorgen?“

Die andere Perspektive führt zum Zuspruch. „Was sagt der König zu mir?“ Betrachterinnen und Betrachter haben womöglich selbst schon erlebt, nicht würdevoll behandelt worden zu sein.“Der König oder die Königin sagt dann stellvertretend die Botschaft. Egal wie du bist und was in deinem Leben ist, egal, wie es dir gerade geht: Du hast Würde!“

 

HINWEISE

„Würde macht menschlich“ Ausstellung von Holzskulpturen von Ralf Knoblauch sowie Fotos, zu sehen bis zum 3. Oktober in der evangelischen Versöhnungskirche in Bonn-Beuel, Neustraße 2.

Öffnungszeiten der Ausstellung:
dienstags bis freitags von 14 bis 18 Uhr
samstags von 10 bis 12.30 Uhr
sonntags und am Feiertag 3. Oktober von 15 bis 18 Uhr

 

Begleitprogramm:
Sonntag, 18. September, 18 Uhr: Ökumenischer Abendgottesdienst. Gestaltung: Diakon Barthel Held, Pfarrerin Dr. Heike Lipski-Melchior, Musik: Chor „Haste Töne“, Leitung: Hubert Arnold

Dienstag, 20. September, 19 Uhr: „Würde und Selbstbestimmung bis zum Schluss“, Vortrag und Gespräch mit Andrea von Schmude, Koordinatorin des Beueler Hospizvereins

Montag, 26. September, 19.30 Uhr: „Die Welt braucht starke Kinder“, Vortrag zum Weltkindertag mit Dr. Jürgen Thiesbonenkamp, früherer Vorstandsvorsitzender der Kindernothilfe

Freitag, 30. September, 19 Uhr: „… und er war ein weiser König!“ – Märchenabend mit der Erzählerin Ursula Thomas. Musik: Hubert Arnold (Harfe)

 

Links

Websites der Gemeinde Beuel und Ralf Knoblauch

weitere Links

Hospizverein und Kindernothilfe