Almut van Niekerk, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises An Sieg und Rhein. Foto: Anna Siggelkow

Weite macht geistlich reich

von Redaktion EKASuR

05.08.2022

Almut van Niekerk ist Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises An Sieg und Rhein und Pfarrerin in Sankt Augustin. Der 55-Jährigen ist Ökumene in all ihren Facetten ein wichtiges Anliegen.


Ein Interview von Stefan Heinemann über weltweite Ökumene und insbesondere die Verbindung mit dem Partnerkirchenkreis Tsumeb in Namibia.

Namibia liegt zehn Flugstunden entfernt, in Zeiten der Pandemie kamen noch Reisebeschränkungen hinzu. Wie nah kann einem da Ökumene sein?

Als Christin und Pfarrerin gehört die weltweite Ökumene, gehört die Partnerschaft mit Tsumeb für mich unbedingt zu unserer Identität und unserem Leben dazu. Weite ist für mich theologisch grundsätzlich wichtig. Kilometer oder pandemiebedingte Pausen bei Besuchen lassen sich immer überbrücken. Wenn Kontakt gewollt ist, machen wir ihn eben anders möglich, digital zum Beispiel.

Ihr Ehemann kommt gebürtig aus Südafrika. Durch die Familienbesuche ist Ihnen das südliche Afrika vertraut. Was hilft denjenigen, für die sich Ökumene in Übersee fern anfühlt?

Es hilft, sich bewusst zu machen: Wir teilen mit den Menschen gemeinsame Themen wie das Engagement gegen Rassismus und für Menschenrechte oder auch die Auseinandersetzung mit den negativen Folgen der Globalisierung. Christenmenschen in anderen Erdteilen zu besuchen heißt auch, dass wir uns aufeinander zu bewegen, dass wir uns vernetzt mit anderen erleben und Vielfalt der Glaubensformen genießen. Ökumene macht einfach auch Spaß. Und wenn wir dann zusammen Gottesdienst feiern, lässt sich immer sofort tiefe geistliche Verbundenheit und Gemeinschaft spüren. Das macht uns geistlich reich. Manches ist auch befremdlich, keine Frage, zum Beispiel dass Gottesdienste gern mehrere Stunden dauern. Aber es ist auch gut, sich dadurch in seinen Gewohnheiten überprüfen zu lassen. Es bleibt die Erfahrung: Bei Gott sind wir geborgen, geliebt und geeint.

Mit welchen Herausforderungen hat Tsumeb zu kämpfen?

Der Kirchenkreis Tsumeb gehört ja zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Republik Namibia (ELCRN) – sie ist eine schwarze Kirche, der bis heute keine Weißen angehören. In Namibia sind die Kirchen leider nach wie vor mehrheitlich nach der Hautfarbe ihrer Mitglieder sortiert – eine schreckliche Folge der Apartheid.

Eine Herausforderung sind die Größenverhältnisse?

Genau: Unser Partnerkirchenkreis hat vier Gemeinden. Dort arbeiten drei Pfarrer und die Superintendentin – die Gemeindeglieder leben aber im Umkreis von bis zu 500 Kilometern. Sie angemessen zu begleiten in Verkündigung und Seelsorge, Bildung und Diakonie erfordert unbeschreiblichen Einsatz. Einmal klappte meine Kollegin Gerda Kayambu ihr Handy auf und sagte: „This is my office!“ Das ist die gesamte Gemeinde- und Kirchenkreisverwaltung.

Was beschäftigt unsere Partnerkirche in Namibia?

Die große Frage, die sich genauso für uns stellt: Wie lassen sich junge Leute dauerhaft für Glaube und Kirche begeistern? Darüber hinaus stellen sich unsere Geschwister dort den großen sozialen Problemen, vor allem der häuslichen Gewalt, den Folgen der AIDS/HIV-Infektionen und dem Alkoholmissbrauch. Dazu kommt die hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere unter Jugendlichen, denen einfach keine Perspektive angeboten wird. Was mich sehr beeindruckt, und da können wir lernen: In Namibia gibt es viele Völker mit eigener Sprache, leider ist Tribalismus weit verbreitet, dem Nationalismus sehr ähnlich. Charakteristisch ist das Denken nur für eine kleinere Gruppe, für „meine Leute“. Und dem möchte die namibische Kirche entschieden entgegenwirken, indem sie Respekt voneinander verlangen und gewähren – in Jesus Christus, weil auch der andere ein Kind Gottes ist.

Hört bei Geld die Freundschaft auf?

In den internationalen Kirchenpartnerschaften über Geld sprechen ist oft schwierig. Wenn wir Mitgliederzahlen und Finanzenausstattung nebeneinanderlegen, gelingt die Augenhöhe nicht, die doch so wichtig ist in einer Partnerschaft. Deshalb setze ich mich dafür ein, das finanzielle Miteinander fair zu regeln mit offenem Ansprechen und klaren Regelungen. Transparenz schafft Sicherheit im Umgang. Damit wir den Rücken frei haben für Besuche und Begegnung, Gebet und Gemeinschaft.

Fortsetzung folgt:
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