Ausstellungsplakat (Ausschnitt)

Wanderausstellung klärt über alltäglichen Antisemitismus auf

von Anna Neumann

17.08.2021

1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland – dieses Jubiläum, begleitet von einem wunderbaren Festprogramm, weckt Interesse am Leben von Jüdinnen und Juden heute hierzulande.


Ohne kritischen Blick in den Spiegel ist das aber undenkbar. Denn Antisemitismus ist bis heute weit verbreitet, zeigt sich in gewalttätigen Übergriffen auf Jüdinnen und Juden, Schändung jüdischer Gräber, Anschlägen auf Synagogen und Hasspropaganda. Auf Schulhöfen hört man „Du Jude!“ als Schimpfwort.

Alltäglicher Antisemitismus in Deutschland ist Thema einer Wanderausstellung mit dem Titel „Du Jude!“ Die Ausstellung der Kölnischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die sich in erster Linie an Jugendliche und junge Erwachsene richtet, kommt jetzt in den Evangelischen Kirchenkreis An Sieg und Rhein: Vom 20. August bis 11. September ist sie in der Evangelischen Kirchengemeinde Sankt Augustin Niederpleis und Mülldorf, Paul-Gerhardt-Haus, Schulstraße 57, 53757 Sankt Augustin, vom 12. September bis 24. September in der Evangelischen Emmaus-Gemeinde Lohmar, Hauptstraße 74, 53797 Lohmar, und vom 25. September bis 3. Oktober in der Evangelischen Emmaus-Gemeinde Lohmar, Bereich Honrath, Peter Lemmer-Weg 20, 53797 Lohmar-Honrath, zu sehen.

Die Ausstellung, bestehend aus 21 Stelltafeln, macht deutlich, dass Antisemitismus ein alltägliches Problem für Jüdinnen und Juden in Deutschland darstellt, so die Kölnische Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Häufig werde Judenfeindschaft immer noch als historisches Phänomen gesehen, verknüpft mit der NS-Zeit. Die Ausstellung macht aktuelle Formen von Antisemitismus deutlich, vor allem in Alltagswelten von Jugendlichen. Beispiele kommen aus Musik, Sport, Internet und Schule.

Was Schüler*innen berichten

In der WDR-Kinder-Sendung „neun ½“ besucht Reporter Robert Meyer eine 9. Klasse und erfährt von den Schüler*innen, dass Sticker und Witze gegen Juden und eben auch „Du Jude!“ oft benutzt werden, auch unbedacht, aber eben abwertend.

Ein jüdischer Junge erzählt, dass er wegen der ständigen Beleidigungen die Schule gewechselt hat. Jetzt ist er auf einem jüdischen Gymnasium. Sicherheitstor, Polizeischutz und überall Kameras verursachen ihm ein komisches Gefühl, auch wenn er sich insgesamt sicherer fühlt.

Zwei Jüdinnen, die mit dem Projekt „Meet a jew“ in der Schule sind, erzählen, dass sie auf Social Media beleidigt werden. Bis hin zu dem Satz: „Alle Juden sollten vergast werden – Du als Erste.“

Sensibler werden

Was tun? Dr. Josef Schuster und Abraham Lehrer, Präsident und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, werden nicht müde, in ihren Vorträgen zu mehr Sensibilisierung aufzurufen. Dabei geht es um Schüler*innen, aber auch um Lehrende, die zu oft stumm bleiben, wenn sie Beleidigungen hören.

Dr. Josef Schuster stellte in einer Rede zum Jahresempfang der Evangelischen Akademie Tutzing fest, dass durch die Corona-Pandemie einerseits die Verschwörungstheorien wieder groß wurden, etwa die Unterstellung, Juden und Jüdinnen hätten das Virus verbreitet. Andererseits wird auf Anti-Corona-Demonstrationen das Leiden der Holocaust-Opfer verharmlost, etwa, indem es gleichgesetzt wird mit Dingen, auf die man in der Corona-Zeit verzichten muss.

Gotteshäuser der jüdischen Gemeinden müssen weiterhin von der Polizei geschützt bleiben. Die Vorsitzende der Synagogengemeinde Bonn rät im Moment davon ab, eine Kippa im öffentlichen Raum zu tragen.

Hinweis
Weitere Informationen zur Wanderausstellung: Evangelische Erwachsenenbildung An Sieg und Rhein, eMail , Telefon 02241-2521511

Links

Kölnische Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit

Antisemitismus an Schulen (kinder.wdr.de)

Rede in Tutzing