Pfarrer Stefan Bergner Foto: diakonie-rwl.de

Seelsorge für Flutopfer – Boden unter die Füße

von Anna Neumann

16.11.2021

„Ich begleite Menschen dabei, wieder Boden unter die Füße zu bekommen.“ So erklärt Pfarrer Stefan Bergner seine neue Aufgabe, die er Anfang November begonnen hat und in die er nun entsendet wird.


Bergner ist Pfarrer in der „Evangelischen Seelsorge und Beratung im Ahrtal“. Er unterstützt Menschen, die beim Hochwasser am 14. / 15. Juli Hab und Gut oder sogar einen geliebten Menschen verloren haben. Der Seelsorger startete zunächst mit einer viertel Stelle an der Ahr. Zum 1. Januar übernimmt er den Dienst dort in voller Stundenzahl und gibt dann seine Gemeindepfarrstelle in der Evangelischen Kirchengemeinde Aegidienberg auf.

Stefan Bergner arbeitet in einem siebenköpfigen Team, einem ökumenischen und multiprofessionellen: drei der sieben sind katholisch; zum Team gehört u.a. eine Psychologin und eine Traumatherapeutin. Die aus den Hochwasser-Spenden finanzierten Teams sind ein „Zeichen der Kirche“, wie Bergner sagt: Die Kirche bleibt vor Ort – ist da für die Menschen und ihre Bedürfnisse, Nöte und Wünsche. Als Seelsorger begleite er Menschen dabei, wieder Lebensperspektiven gewinnen. Sein Hauptarbeitswerkzeug ist das Gespräch. Reden und den Blick auf die Punkte im Leben lenken, auf denen die Menschen aufbauen können.

Das Team teilt sich die Arbeit: Pfarrer Bergner ist für das letzte Stück der Ahr zuständig: die zehn Kilometer von der Brücke der A 61 bis zur Mündung in den Rhein. Die Kolleg*innen übernehmen die Abschnitte bis Adenau.

Sinzig – hier waren zwölf Bewohner eines Hauses der Lebenshilfe gestorben. Und doch hat das Hochwasser in diesem Ort, der zu Bergners Abschnitt gehört, bei vergleichsweise weniger vielen Menschen Schaden angerichtet. Hier nun sucht Bergner das Gespräch mit den Menschen. Er trifft sie in der Sinziger Kirchengemeinde. Oder im Coworking-Space. Und als ehrenamtliche Mithelfende ist er unter anderem auf Geflüchtete aus Syrien getroffen.

Bergner ist 56 Jahre alt, Familienvater, stammt aus Remscheid. Nach dem Theologiestudium verbrachte er Vikariat und Hilfsdienst in Essen in einem sozialen Brennpunkt. Dann wurde Stefan Bergner Pfarrer bei den Johannitern. Dort leitete er die Kinder- und Jugendarbeit im Landesverband NRW, bevor er 2014 nach Aegidienberg kam. Mehrere Jahre lang arbeitete er auch im Kreissynodalvorstand An Sieg und Rhein mit.

An die Erfahrungen bei den Johannitern kann Bergner in seiner neuen Aufgabe anknüpfen, kennt er doch die Arbeit einer Hilfsorganisation bestens. Die Schnittmenge ist groß. „Wir sind jetzt auch gleichzeitig ein Stück weit Hilfsorganisation“, sagt er.

Die Entsendung des Teams mit dem Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Dr. Thorsten Latzel, findet am Mittwoch, 17. November, im Versammlungszelt der „Ahrche“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler statt. Am Mittag wird in Euskirchen eine zweite Entsendungsfeier stattfinden. Insgesamt werden am Mittwoch neun Teams entsandt.

Die Hilfe kommt gemeinsam von der Diakonie Katastrophenhilfe, der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe und der Evangelischen Kirche im Rheinland. Finanziert wird die Arbeit aus den Spendenmitteln, die Diakonie und Kirche nach der Unwetterkatastrophe erhalten haben. Die Mitarbeitenden helfen Betroffenen, finanzielle Förderungen zu beantragen und den Wiederaufbau anzugehen. Durch psychosoziale und seelsorgliche Begleitung stehen sie den Menschen bei, die traumatische Erfahrungen machen mussten.

Die bevorstehende Fusion im Siebengebirge sieht Stefan Bergner absolut positiv: Hier entstehe eine tolle neue Gemeinde mit engagierten Menschen und einem guten Pfarrteam. Zum 1. Januar verschmelzen die Gemeinden bzw. Gemeindeteile Aegidienberg, Oberpleis, Ittenbach und Stieldorf zur Evangelischen Kirchengemeinde Siebengebirge.

 

Link

Website der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe zur Hochwasser-Hilfe