Foto: Niko Herzner

Novemberpogrome – Ein Lichtermeer gegen das Vergessen

von Anna Neumann

12.11.2021

In diesem November hatte sich der Ökumenekreis Hennef für den jährlichen Gang des Gedenkens etwas besonderes überlegt - ein Lichtermeer mit personalisierten Kerzen.


Der „Gang des Gedenkens“ bildete sich von der Kirche Sankt Michael zum Standort der ehemaligen Synagoge an der Sövener Straße. Jede und jeder trug eine Kerze und war eingeladen, sich einmal mehr und intensiver vorzustellen, wie es einem Betroffenen vor 83 Jahren ergangen sein muss. Am 10. November 1938 wurde die Hennefer Synagoge niedergebrannt. In den Jahren 1936 bis 1945 verloren fast achtzig jüdische Henneferinnen und Hennefer ihr Leben in unvorstellbar grausamen Zeiten.

In seinem Gedenken an die Opfer erinnerte der Ökumenekreis daran, dass damals den Menschen jüdischen Glaubens abgesprochen wurde, rechtmäßiger Teil dieses Landes, dieser Stadt und dieses Lebens zu sein. Dass auch in Hennef die jüdischen Bürger*innen diskriminiert, deportiert, und zum größten Teil ermordet wurden und dass es diesen Versuch gab, alles jüdische Leben auszulöschen.

Der Wunsch nach Vergebung wurde im gemeinsamen Gebet des Psalm 130 ausgedrückt, in dem es unter anderem heißt: „Aus der Tiefe schreie ich zu dir, Herr! Herr, höre meine Stimme, schenk meinem lauten Flehen ein offenes Ohr! Wenn du, Herr, die Sünden anrechnen willst – wer kann dann noch vor dir bestehen, o Herr?“

Ein letzter Brief

Sehr eindrücklich auch ein Zitat aus dem letzten Brief des Geistingers Hermann Wolff an seine Eltern. Am 15. Juli 1942 schrieb er, verheiratet mit der zwei Jahre jüngeren Mathilde und Vater eines gemeinsamen Sohns von elf Jahren, einen Brief nach Theresienstadt. Die Eltern waren vier Wochen zuvor über Köln nach Theresienstadt deportiert worden. Dass seine Mutter bereits tot ist, als der Brief in Theresienstadt ankommt, weiß Wolff nicht. „Hoffentlich erreicht Euch dieser Brief habe / auch gestern eine Karte geschrieben / habt ihr selbige erhalten? Nun etwas neues / am Sonntag den 19 müssen wir auch / fort wohin unbekannt aber wo wir hin- / kommen, treffen wir Verwandte und werden alle von euch grüßen bleibt / uns nur gesund damit wir uns einmal wiedersehen…“

Den musikalischen Rahmen der Gedenkstunde gestalteten Friedrich Grothe, hauptamtlicher Kirchenmusiker, und Alex Bertling. Sie begleiteten einfühlsam mit Klavier und Oboe den Gesang der fast einhundert Besucherinnen und Besucher. Am Standort der ehemaligen Synagoge angekommen, zeigte sich Roman Kovar, Hennefer Bürger und Mitglied der Synagogengemeinde Bonn, tief bewegt von der großen Zahl Anteilnehmender. Gemeinsam wurde das jüdische Totengebet Kaddisch gesprochen, im Anschluss der Aaronitische Segen. Auf den Grundmauern der niedergebrannten Synagoge entstand ein Lichtermeer gegen das Vergessen.

 

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Website der Evangelischen Kirchengemeinde Hennef