Erhard Schulz (l.) und Walter Schmidt engagierten sich in der Bekennenden Kirche.
Erhard Schulz (l.) und Walter Schmidt engagierten sich in der Bekennenden Kirche. Fotos: Archiv der EKiR

Kirchenkampf an Sieg und Rhein – Fünf Theologen „außer der Reihe“

von Anna Neumann

16.09.2020

Mit fünf weiteren Theologen, die es gleichfalls verdienen, hier genannt zu werden, geht die Portraitreihe "Kirchenkampf an Sieg und Rhein" zu Ende.


Zwar waren es keine „regulären“ Gemeindepfarrer mit „BK-Profil“, sie sind aber (außer Hermann Röhrig) in den Mitgliederlisten der Bekennenden Kirche (BK) aus der Hand Joachim Beckmanns aufgeführt.

Einer von ihnen war der Siegburger Gefängnispfarrer Johann (Hans) Dietrich Hennicke, geboren 1884 in Bremen als Sohn eines Gymnasialprofessors, gestorben 1956 in Bonn. Von 1921 bis zu seiner Zurruhesetzung 1939 leistete der vorherige Wittlicher Pfarrer Dienst in der Justizvollzugsanstalt Siegburg und war seit Anbeginn Mitglied der BK. Allerdings wurden bis 1945 die Personalakten der hauptamtlichen Gefängnispfarrer bei den Justizbehörden geführt; danach fanden sie zumeist „nicht mehr den Weg zurück in die Kirchenarchive“ (offizielle Aussage). Somit ist an dieser Stelle Hennickes Siegburger Zeit nicht mehr verlässlich zu recherchieren.

Heinrich Schmidt leistete von 1933 bis 1935 seinen Dienst als Hilfsprediger in Herchen bei BK-Pfarrer Wilhelm Hartig. 1908 in Löhnberg als Sohn eines Post-Assessors geboren, legte er sein 2. Theologisches Examen 1936 bereits bei der BK in Barmen ab und durchlief danach Hilfspredigerstellen in Essen, Cronenberg, Saarbrücken, Herchen und Köln-Lindenthal. 1937 geriet er wegen seiner BK-treuen Haltung in Gestapo-Haft. Nach Kriegsteilnahme und -gefangenschaft wurde er schließlich 1948 erst in Duisburg, dann in Dinslaken Pfarrer und zum Schluss Berufsschulpfarrer in Neuss, wo er 1969 verstarb.

Ein anderes Kapitel eröffnet Hermann Martin Röhrig auf der Pfarrstelle in Königswinter seit 1937, daneben mit Beschäftigungsauftrag in Rosbach ab 1941. Röhrig wurde 1899 als Pfarrersohn in Dümpten geboren, war Vikar in Bonn, Synodalvikar in Köln und von 1926 bis 1937 Pfarrer in Pfalzfeld. Einerseits verzeichnet ihn Joachim Beckmann nicht unter den rheinischen BK-Pfarrern. Andererseits beschreibt der 2016 verstorbene Pfarrer Peter Hintze ihn in seiner Gemeindechronik von Königswinter als bekenntnistreuen Pfarrer, der „mit seinem Mut eine jüdische Familie vor dem sicheren Tod bewahrte“. Als er 1947 im Amt starb, hatte ihn „die Arbeit der letzten Zeit, die über seine Kraft ging, zumal seine Gesundheit durch die Unterernährung der letzten Jahre sehr geschwächt war, verzehrt“ (Hintze). Auch er gehört in diese Aufzählung.

„Pastor“ Fritz Martin Erhard Schulz wiederum ist bei Joachim Beckmann von Anbeginn als BK-Theologe verzeichnet. Von 1933 bis 1935 leistete er, von Superintendent Ernst Rentrop ordiniert, Dienst als Hilfsprediger in Siegburg. Im Juni 1935 ging er als Hilfsprediger nach Hünxe und wurde im selben Jahr Pfarrer in Altwied: vom Konsistorium nicht anerkannt und wegen seiner BK-Kollekten und Eidesverweigerung mit Strafbefehlen verfolgt. 1939 sofort als Soldat zum Kriegsdienst eingezogen, fiel er 1942 als Unteroffizier eines Infanterieregiments und Inhaber des Infanterie-Sturmabzeichens in Ilmensee / Russland im Kampf.

Ein Sonderfall ist Werner Bernhard Deggeller in Siegburg, der dort bis heute die Meinungen teilt – zu Unrecht, wie die Personalakte zeigt (Bestand Westfalen). Er wurde 1903 in Zaryzin (Südrussland) als Pfarrerssohn geboren, legte das 1. Theologische Examen 1935 in Hannover ab, das 2. 1937 bei der BK in Barmen und durchlief Hilfspredigerstellen in Kreuznach, Dresden (ref.) und ab 1940 in Siegburg. 1943 wurde er dort (Siegburg) als Pfarrer gewählt, wo er bis 1946 Dienst tat. Wie schon bei seinem Vorgänger August Hermann Rehmann hielt seine Kirchengemeinde selbst treu zu ihm, während das Presbyterium ihn ablehnte – in Siegburg war die Fabrikantenfamilie Wilhelm Ley (verwandt mit Robert Ley) sein Hauptgegner. Als es 1946 unter diesen schwierigen Verhältnissen auch noch zu persönlichen Differenzen mit dem neuen Bonner Superintendenten Edgar Boué kam – für den Deggeller stets nur als „gemäßigter“ BK-Theologe galt, wählte letzterer den Weg nach Hagen/Westfalen. In der Johanniskirchengemeinde war er dort bis zu seinem Ruhestand 1969 Pfarrer; 1995 verstarb er da. Jedenfalls führt ihn das BK-Verzeichnis Joachim Beckmanns als Mitglied; spätere Zweifel an seiner grundsätzlichen BK-Treue sind unbegründet.

Beitrag: Holger Weitenhagen
Fotos: LK-Bildarchiv

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