Karte des Kirchenkreises An Sieg und Rhein, markiert sind die Gemeinden mit BK-Pfarrern
Karte des Kirchenkreises An Sieg und Rhein, markiert sind die Gemeinden mit BK-Pfarrern Karte: ekasur.de

Kirchenkampf an Sieg und Rhein – Ein neues Bild

von Anna Neumann

16.10.2020

Nicht weniger als 16 Superintendenten, Pfarrer, Hilfsprediger und Vikare leisteten als Theologen der Bekennenden Kirche (BK) Dienst im Bereich des heutigen Kirchenkreises An Sieg und Rhein.


Aussagekräftig wird diese Zahl 16 besonders, wenn man sie den nur 14 Gemeinden im alten Kirchenkreis Bonn (bis 1969) gegenüberstellt. Während des Dritten Reiches waren dort – nach dem Gemeindeverzeichnis von Erwin Rosenkranz – insgesamt nicht mehr als 16 gewählte Pfarrer im Amt, also ohne die Hilfsprediger und Vikare. Auch BK-Vikare wie der spätere Pfarrer Wilhelm Carius in Leuscheid wären noch zu nennen, wenn die (derzeit unzugänglichen) Personal- und Pfarrstellenakten ihr Engagement belegen würden.

Ohne jede Frage aber ist der Anteil von BK-Theologen im Kirchenkreis außergewöhnlich hoch. Diese Erkenntnis ist jedoch in gewisser Weise neu. Die Geschichte des Kirchenkampfes wurde von der noch jungen Kirchenleitung zunächst aus Barmer Perspektive geschrieben; daneben gab es nur örtliche Chroniken und Institutionsgeschichte (zum Beispiel Diakonie). Die Regionen traten daneben zurück; noch dazu galt der alte Kirchenkreis Bonn unter seinem Superintendenten Fritz Haun ab 1937 eher als obrigkeitstreu. Die Bonner Fakultät war darüber hinaus stramm deutsch-christlich (DC).

Daher fiel der heutige Kirchenkreis An Sieg und Rhein in seinen alten Grenzen in der katholischen oder landeskundlichen Betrachtung bislang – nachweislich – unter die Rubrik „deutsch-christliche Mitläufer“ oder „kein Widerstand“. Dies ist jedoch, wenn man sich die Namen und Personen genauer ansieht, völlig unzutreffend. Alle hier genannten Theologen wurden – in unterschiedlicher Weise – verfolgt, überwacht, denunziert, an die Front eingezogen oder vom eigenen Konsistorium kaltgestellt.

Inzwischen sind die Gestapo-Akten mit den Vernehmungsprotokollen im Duisburger Landesarchiv Rheinland einsehbar. Sie sind ebenso lesenswert wie bedrückend und belegen den Mut der betroffenen Pfarrer– einen solchen Mut, wie er gegenwärtig nirgendwo eingefordert wird. Das ist auch der Grund für die vorliegende Portraitreihe, die neue Perspektiven auf die regionale Zeitgeschichte eröffnet.

Holger Weitenhagen

Die Serie Kirchenkampf an Sieg und Rhein