Facetten des religiösen Lebens in Frankreich

von Redaktion EKASuR

24.03.2023

Die erste reformierte Kirche in Paris aus dem Jahr 1802 bestaunen. Eine große Moschee besichtigen, die offen ist für Gläubige verschiedener kultureller und nationaler Hintergründe.


Mit diesen und vielen anderen Eindrücken beschenkt, ist eine Gruppe von Pfarrerinnen und Pfarrern von einer Reise in die französische Hauptstadt zurückgekehrt. Die Pfarrkonventsreise des Evangelischen Kirchenkreises An Sieg und Rhein drehte sich thematisch um Facetten von religiösem Leben in der französischen Gesellschaft. Deutlich wurde dabei beispielsweise das völlig andere Verhältnis von Staat und Kirche im Vergleich zu Deutschland.

Die reformierte Kirche im Viertel Marais hat deshalb schon Extreme gesehen: Aussterben aller protestantischen Gemeindeaktivitäten und Wiederbelebung. Pfarrerin Dr. Anne Kathrin Quaas fasst die jetzige Lage so zusammen: „Heute ist sie gefüllt mit einem reichen Gemeindeleben – viel Lob Gottes, viel Diakonie, viel Seelsorge, viel ehrenamtliches Engagement, viel junge Gemeinde aus vielen Nationen“.

Rendezvous in der Gemeinde

Als Anregung auch für die eigene Arbeit nimmt die Gruppe ein Plakat mit, auf dem sich Mitarbeitende der Gemeinde vorstellen: „Bienvenue au Temple“ heißt es in großen Buchstaben. Hervorragende Porträtfotos mit Vornamen und Stichworten zu Aufgaben machen deutlich, wen man hier treffen kann. Interessant findet Superintendentin Almut van Niekerk auch das Angebot eines „Rendezvouz mit dem Heiligen Geist“ – ein Seelsorgegespräch, das Menschen buchen können.

Eine Suppenküche, die Raum für Gespräche bietet. Regelmäßig drei Sonntagsgottesdienste, davon einer eher traditionell am Vormittag, einer am Spätnachmittag in moderner Form mit vielfältiger Musik und einer digital mit vielen Beteiligungsmöglichkeiten: Das sind weitere Beispiele für ein Gemeindeleben, das die Gäste von Sieg und Rhein beeindruckte.

Ökologisch gebaute Moschee

Zu den vielen schönen neuen Erfahrungen zählt Pfarrer Marc Jansen, einer der 20 Teilnehmenden der Reise, den Besuch der Moschee im Vorort Massy. Diese spannende Gemeinde habe ihr Gebäude nach neuestem ökologischen Standard gebaut. Jansen sah sich gerne hier modellhaft schon einmal an, was auch der Kirchenkreis An Sieg und Rhein noch vorhat: klimaneutral zu werden.

Beeindruckt hat ihn und die ganze Pfarrgruppe, dass diese Moscheegemeinde sich als multinational versteht. Offen für Mitglieder aus verschiedenen Kulturen, mit vielen verschiedenen Hintergründen, beispielsweise aus Marokko, Algerien und der Türkei. Aber französisch und nicht aus dem Ausland dominiert.

Multifunktion statt spiritueller Spuren

Die Begegnung in einer weiteren evangelischen Gemeinde, dem Centre 72 der Vereinten Evangelischen Kirche Frankreichs, verstärkte den Eindruck, dass Kirche und Diakonie im laizistischen Frankreich viel defensiver agieren (müssen). Das Gemeindeleben ist teilweise in Vereinsformen zu organisieren und dem Staat muss Bericht erstattet werden. Eine zwiespältige Sache, so Superintendentin van Niekerk.

Der Kirchsaal ist eigentlich keiner – denn er ist ein Multifunktionsraum mit abnehmbarem Kreuz; jederzeit bereit für nichtkirchliche Nutzung; ohne spirituelle Spuren. „Wir kommen zurück und wissen unsere Rahmenbedingungen noch mehr zu schätzen“, so ihr Fazit.

Fotos: Stefan Heinemann, Almut van Niekerk