Foto von links: Ali Doğan, Nico Dreuw, Michaela Teigelmeister, Patrick Ehmann und David Bongartz
Foto von links: Ali Doğan, Nico Dreuw, Michaela Teigelmeister, Patrick Ehmann und David Bongartz

Diakonie startet Quartierssozialarbeit in Mülldorf-Nord

von Anna Neumann

08.07.2021

Ein Freizeitangebot für Kinder und Jugendliche in der zweiten und dritten Ferienwoche in Kooperation mit der Stadt Sankt Augustin.


Das wöchentliche mobile Spielangebot auf den Spielplätzen und dem Bolzplatz im Viertel. Das offene Büro unten im Erdgeschoss links in der Ankerstraße 19: Mit drei konkreten Angeboten ist die Quartiersarbeit in Sankt Augustin-Mülldorf Nord am Start.

Ziel ist, Kinder und Jugendliche zu stärken, insbesondere auch in diesen Corona-Zeiten: „Gerade Kinder, die es eh nicht so leicht haben im Leben, werden doppelt getroffen“, sagt Patrick Ehmann, Geschäftsführer der Diakonie An Sieg und Rhein, die Träger des Projekts ist. In der Pressekonferenz zur Vorstellung des Projekts erklärte er weiter, dass Mülldorf-Nord eines von vier Quartieren in Sankt Augustin mit besonderem Entwicklungsbedarf ist. Gefördert wird das Projekt durch das Land Nordrhein-Westfalen und den Europäischen Sozialfonds. Hinzukommen Eigenmittel der Evangelischen Kirchengemeinde Sankt Augustin Niederpleis und Mülldorf.

Ziel sei „ganz klar, die Arbeit hier zu verankern“, so Ehmann. Ähnlich der Erste Beigeordnete der Stadt Sankt Augustin, Ali Doğan: „Wir wollen Quartiersarbeit in Sankt Augustin dauerhaft implementieren.“ Das Projekt in Mülldorf-Nord sei „ein guter Anschub“.

Nico Dreuw heißt der Quartierssozialarbeiter vor Ort, anzutreffen im Treppenhaus, den offenen Bürostunden, auf der Straße. Beim Ferien- und beim Spielangebot. Er sagt: „Die Menschen, die hier leben, sind die Experten für ihre Lebenswelt. Quartiersarbeit lebt von den Menschen selbst. Sie bringen ihre Themen, Bedarfe und Interessen ein.“

Lebensqualität verbessern

Das Quartiersbüro ist montags von 14 bis 19 Uhr und mittwochs von 8 bis 13 Uhr geöffnet. Dreuw: „Es ist eine offene Tür. Jeder kann kommen. Mit allen Anliegen. Und wenn es nur auf einen Kaffee ist, um ins Gespräch zu kommen.“ Gern auch ins Gespräch über Ideen, wie sich die Lebensqualität im Quartier gemeinsam verbessern lässt. „Die Energie kommt von den Menschen selbst. Entscheidungen fallen in einem partizipativen, emanzipatorischen Prozess.“

Das mobile Spielangebot sieht Dreuw auch in Reaktion auf die Corona-Auswirkungen: Abnahme von sozialen Kontakten, wenig Bewegung, Rückzug ins Häusliche, steigender Konsum von digitalen Medien – da gelte es jetzt Kinder und Jugendliche abzuholen.

Michaela Teigelmeister, Fachbereichsleiterin Offene Sozialarbeit in der Diakonie An Sieg und Rhein, erläuterte das Konzept in der Pressekonferenz so: „Wir bringen keine fertigen Lösungen mit. Wir schaffen erstmal den Rahmen, so dass sich Menschen einbringen und mitgestalten können.“

Zum Wohle der Menschen „bringen wir auch die Fachlichkeit der Diakonie als Ganze mit“. Das heißt, die verschiedenen Fachbereiche wie Suchthilfe, Schwangerenberatung, Sozialberatung und das Fachteam Migration und Integration „sind alle im Hintergrund und als große Ressource dabei“.

Prävention beginnt bei den Jüngsten

Knapp 2.200 Menschen leben in dem Stadtteil, auf viel engerem Raum als anderswo in der Stadt. Der Anteil von Familien mit Hartz-IV-Bezug ist fast drei Mal so hoch wie im städtischen Durchschnitt. Viele Menschen haben Migrationshintergrund. Es gibt überdurchschnittlich viele alleinerziehende Haushalte.

Deshalb ist der Beigeordnete Ali Doğan froh und dankbar, dass hier nun Quartiersarbeit begonnen hat: „Es macht Sinn, mit Kindern und Jugendlichen zu starten, denn Präventionsarbeit sollte bei den Jüngsten beginnen, damit Quartiersarbeit langfristig Erfolg hat.“

Doğan weiß: „Wenn wir nicht investieren, zementiert das die dauerhaften Problemlagen. Bildungsbiografien, Armutslagen, Gesundheitsfaktoren spielen eine Rolle, Übergewichtigkeit. Jeder investierte Euro in Prävention zahlt sich deutlich aus, wenn man das ökonomisiert betrachtet.“

Evangelische Kirchengemeinde unterstützt mit Geld und Engagement

Pfarrer David Bongartz von der örtlichen evangelischen Gemeinde unterstrich, dass die Gemeinde nicht nur für die kommenden drei Jahre jährlich 10.000 Euro zugesagt hat. „Wir sind außerdem ein Projektpartner, der mit haupt- und ehrenamtlicher Kraft unterstützt. Weil wir uns nicht nur in Verantwortung für unsere Gemeindemitglieder, sondern für den ganzen Stadtteil sehen. Wir möchten vor Ort präsent sein und helfend, fördernd, begleitend unterstützen.“

Seine Erfahrung als Pfarrer ist: Im Quartier Mülldorf-Nord sind unterschiedliche Milieus vertreten. „Das ist eine Stärke von Sankt Augustin, die ich als Pfarrer spüre. Das müssen wir erhalten. Dazu ist die Quartiersarbeit wichtig.“

Für gute Mischverhältnisse setzt sich auch der städtische Beigeordnete ein. Es gelte, die Lebensqualität in Mülldorf-Nord zu verbessern, gleichzeitig sozial geförderten Wohnraum auch in andere, vermeintlich bessere Viertel zu bringen, so Doğan.

Quartiersarbeit bedeutet aus Sicht der Stadt: Präsenz vor Ort. Die Menschen bräuchten jemanden vor Ort, „den man im Zweifel duzen kann, den man hier auf der Straße oder im Büro antrifft“. Doğan: „Am liebsten sollte er einmal an jedem Küchentisch gesessen haben.“