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Helmut Müller

Den Kreislauf der Gewalt durchbrechen

von Redaktion EKASuR

19.07.2022

Lassen sich militärische Konflikte mit militärischen Mitteln lösen? Die Initiative ‚Sicherheit neu denken‘ sagt Nein. Sie setzt sich für den konsequenten Ausbau einer zivilen Sicherheitspolitik ein.


Ein Interview mit Pfarrer Helmut Müller, Mitglied des Koordinierungskreises.

Die Initiative „Sicherheit neu denken“ hat Impulse für zivile Lösungswege erstellt. Welche Gedanken sind Ihnen dabei wichtig?

Die Initiative greift den „Ökumenischen Aufruf zum Gerechten Frieden“ des Ökumenischen Rates der Kirchen auf und konkretisiert ihn für den eigenen gesellschaftlichen und politischen Kontext. So wird in einem Szenario eine Perspektive entwickelt, wie der Mythos der schützenden militärischen Gewalt überwunden werden kann. Ausgehend von Berichten der Bundesregierung zeigt die Initiative auf, wie die bestehenden Ansätze für eine zivile Sicherheitspolitik konsequent ausgebaut werden können. Hier werden konkrete Schritte hin zu einer Gesellschaft beschrieben, die nicht mehr auf Gewalt und Abschreckung, sondern auf eine weitgehend aktive gewaltfreie Sicherheitspolitik setzt.

Ist das nicht realitätsfern?

Vieles, was in der Geschichte zunächst utopisch und realitätsfern schien, ist heute weitgehend akzeptiert: Die Abschaffung der Sklaverei und die Energiewende, die Abkehr vom Verbrauch fossiler Energie hin zu Erneuerbaren. Sicherheit neu denken geht davon aus: Zivile Sicherheitspolitik ist denkbar, planbar und umsetzbar – und ich möchte ergänzen: Angesichts des hohen Preises von militärischer Auseinandersetzungen ist diese Perspektive unabdingbar und vernünftig, um mittel- und langfristig Leben in der Einen Welt zu erhalten. Die gegenwärtigen Kriege weltweit führen uns das täglich vor Augen.

Die Initiative hat prominente Befürworterinnen und Befürworter wie Margot Käßmann, Myriam Rapior (BUNDjugend) und die Bläck Fööss. Wie unterstützen die Prominenz die Vision der Initiative?

Die Transformation der militärischen zu einer zivilen Sicherheitspolitik kann nur gelingen, wenn breite Teile der Gesellschaft diese akzeptieren und politisch einbringen. Die prominenten Stimmen, die auf der Homepage nachzulesen sind, zeigen, dass die Initiative kein „Nischendasein“ führt, sondern über kirchliche und friedensbewegte Bezüge hinaus aktiv ist und Menschen erreichen möchte. Die „Promis“ stellen sich hinter die Grundanliegen der Initiative. So helfen sie, dass Menschen aus den verschiedensten Bezügen Alternativen einer militärischen Sicherheitspolitik kennenlernen.

Von den 17 Mitgliedern im Koordinierungskreis sind sechs evangelisch beheimatet und ein Mitglied katholisch. Gibt es dafür einen Grund?

Vermutlich weil „Sicherheit neu denken“ auf Initiative der Evangelischen Landeskirche in Baden entstand. Aber von Anfang an gab es enge Kontakte zu katholischen Organisationen.

Sie selbst sind in unserem Kirchenkreis Synodalbeauftragter für Frieden. Welche Fragen und Wünsche erreichen Sie derzeit?

Der Krieg in der Ukraine beunruhigt große Teile der Bevölkerung. Nach anfänglicher Lähmung ist der Wunsch bei vielen groß, ihre Ablehnung des Krieges öffentlich auszudrücken. Viele wollen auch die Opfer dieses Krieges konkret unterstützen. Gleichzeitig gibt es eine starke Verunsicherung, wie sich Christinnen und Christen in Fragen der militärischen Unterstützung der Ukraine und die Aufrüstung der Bundeswehr positionieren sollten.

Fortsetzung folgt:
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