Corona-Pandemie – Hilferufe aus dem globalen Süden

von Anna Neumann

09.07.2021

Immer mehr Hiobsbotschaften aus den internationalen Partnerschaften in Afrika und Asien treffen ein. Die Corona-Pandemie wütet im globalen Süden.


Namibia: Absolut dramatische Entwicklung

„Die Lage hat sich von schlimm zu katastrophal entwickelt“, klagt der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Republik Namibia (ELCRN), Sageus ǀKeib. Zu dieser Kirche gehört auch der Partnerkirchenkreis Tsumeb des Evangelischen Kirchenkreises An Sieg und Rhein. Die Gesundheitssysteme kollabieren.

Die Leichenhallen seien voll, schreibt der Bischof weiter. Die Infektionszahlen steigen rasant. Namibia, schon zuvor in sozioökonomischer Krise, stehe nun am Scheideweg. Bischof ǀKeib bittet um geistige, materielle, finanzielle und logistische Unterstützung sowie um Gebete.

Einzig Impfstoff hilft

„Die Lage ist absolut dramatisch“, sei jetzt klar, sagt Helmut Müller, Pfarrer für internationale Ökumene, nach dem digitalen deutsch-namibischen Meeting am 8. Juli. „Das einzige, was hilft, ist Impfstoff.“ Die Pfarrer stünden sieben Tage die Woche auf dem Friedhof. „Die Gemeinden sterben weg.“ Die Regierung Namibias sei auf eine günstige Impfstoffproduktion im Land und wirklich schnelle Auslieferung von Vakzinen angewiesen, so Müller.

Schon zuvor hatten der Partnerkirchenkreis Tsumeb und der Rheinische Dienst für Internationale Ökumene (RIO) Alarm geschlagen. So hat sich der Kirchenkreis An Sieg und Rhein bereits für Impfgerechtigkeit zugunsten der Menschen im globalen Süden eingesetzt; die Kreissynode fasste im Juni einen entsprechenden Beschluss.

Kritik an Zwei-Klassen-Impfung

Die ELCRN gehört zu den Mitgliedskirchen der Vereinten Evangelischen Mission (VEM), die sich ebenfalls für eine weltweit gerechtere Verteilung von Impfstoffen zur wirksamen Bekämpfung der Covid-Pandemie einsetzt.

Angesichts der jüngsten Berichterstattung über Covax-Lieferungen des in der EU nicht zugelassenen Impfstoffs Covishield nach Afrika, teilt die VEM die Sorge um eine Zwei-Klassen-Impfung. Covishield wird von der EU preiswert in Indien gekauft und in afrikanische Länder gespendet.

Scheinbar großzügig

Die scheinbar großzügige Bereitstellung eines Impfstoffes, der keinem EU-Bürger verabreicht werden darf, ist mit Blick auf die Kolonialgeschichte nicht nur unethisch, sondern auch wenig hilfreich für eine erfolgreiche afrikanische Impfstrategie gegen immer neue Covid-19-Mutationen, so die VEM.

In der Videokonferenz der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche von Westfalen im Mai hatte sich Dr. Jean-Bosco Kambale Kahongya, Mitarbeiter der VEM in Tansania für eine Impfstoffproduktion in Afrika selbst stark gemacht. Eine wichtige Voraussetzung dafür wäre die Aufhebung des Patentschutzes für diese Impfstoffe, was bereits vielfach gefordert wird.

Der Hunger kehrt zurück

VEM-Generalsekretär Volker Dally erklärte diese Woche: „Es ist nicht einzusehen, warum die Menschen in Afrika jetzt nicht mit denselben Vakzinen geimpft werden wie wir hier in Europa.“ Er weist auch darauf hin, dass in vielen Ländern der afrikanischen und asiatischen VEM-Mitgliedskirchen „der Hunger zurückgekehrt“ ist. Viele Familien verloren durch den harten Lockdown ihr tägliches Einkommen und leben heute in Armut. „Jetzt stehen diese Menschen auch beim Impfen wieder hinten an.“

Die VEM unterstützt seit Auftreten der Covid-Pandemie mit einem Hilfsfonds die Maßnahmen ihrer Mitgliedskirchen gegen die Ausbreitung des Virus und fördert Projekte, die die Grundversorgung der Menschen vor Ort sichern.

Gebet aus Namibia für die Schwestern und Brüder

God, our Creator,

To you, we pray with our sorrow.
To you, we pray with our empty hands.
Shine on us your light.
Shine into our dark and wounded hearts.

Please, dear Savior.
Let us hear your gentle voice.
Let us feel your kind presence.

And let us not give way to despair
But let us trust that nothing can take us from your loving heart.

In Jesus name, we pray.

Indonesien: Nächste Welle wie ein „Tsunami“

Aus jüngsten Mailwechseln mit dem Generalsekretär ihrer Partnerkirche GKPI, Humala Lumbantobing weiß man in der Evangelischen Kirchengemeinde Beuel, dass die Infektionszahlen in Indonesien wieder steigen, auch in Sumatra. Beuels Gemeindepfarrer Dr. Christoph Melchior: „In den Kirchen beachten sie weiter strikte Hygieneregeln, tragen Maske, halten Abstand, das Lüften ist dort kein Problem. Gottesdienste werden auch im Freien gefeiert. Im April bei der Synode war die Situation wohl recht gut. Menschen, die in medizinischen Berufen arbeiten, und Ältere sind geimpft.“

Deutlich angespannter sei die Lage nun auf Java und Bala, insbesondere im Großraum Jakarta. Im VEM-Prayer-Alert vom 8. Juli ist die Rede von einer nächsten Welle in Indonesien, die einem Tsunami gleicht.